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Märchen nach Bildern Von Frau Renate Winzer-Lang Bei Tage war es eine
ganz gewöhnliche Waldlichtung mit einer Tanne darauf, so
als hätte sie sich verlaufen, irgendwie der Schonung
abhanden gekommen. Aber dieser Eindruck täuschte. Es lag
ein Geheimnis über dieser Tanne auf der Waldlichtung.
Sobald die Sonne hinter den Horizont getaucht war, begann
eine wundersame Verwandlung. Im steigenden Mondlicht
wurde aus der unscheinbaren Tanne eine glitzernde
Schönheit. Sie vermochte ihre Nadeln so in den Mond zu
drehen, dass sich sein Licht darauf sammelte und vielfach
verstärkt als zauberhafter Silberglanz weithin sichtbar
strahlte. Die Tiere des Waldes waren fasziniert von
diesem unirdischen Strahlen und versäumten an keinem
Abend das grandiose Schauspiel. In einer
Sturmnacht mit Blitz und Donner, als seine Angebetete
furchtsam alle Zweige über dem Wipfel zusammengeschlagen
hatte, bearbeitete er mit flinken Hufen die Waldwiese
neben seiner Tanne und setzte unbemerkt die
Tulpenzwiebeln ein. Und das Wunder geschah. Noch ehe der
Sommer zur Neige ging, erblühten fünf rote Tulpen,
untrügliche Frühlingsboten. Der Schimmel war
überglücklich und tanzte voller Hingabe. Gleich nach dem Erwachen im frühen Morgenlicht aber stellte der Schimmel mit Erschrecken fest, dass er allein lag. Die Tanne war verschwunden. In Panik sprang er auf, die Mähne flog. Da entdeckte er sie. Am anderen Ende der Lichtung stand eine silbergraue junge Stute, in deren wunderbarem Schweif einige blütenweiße Strähnen schimmerten. Sie blickte ihm erwartungsvoll entgegen. |